"Das mediale Bild von Burkina Faso ist falsch”

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Einblicke

Wir reden bei gebana oft über die Risiken, die eine Investition oder ein Unternehmen in Burkina Faso mit sich bringen. Aus unserer fernen Unternehmenssicht in Europa drehen sich die Fragen um schlechte Infrastruktur, um fehlende Sicherheit und Terrorismus. Doch wie sehen dies die Menschen, die im Land leben? Wir haben gebana Mitarbeiter Ousseni Porgo gefragt.

Die Strassen von Bobo-Dioulasso

Die Strassen von Bobo-Dioulasso.

Ousseni, du bist Burkinabè, lebst und arbeitest in Burkina Faso. Wie gefährlich ist das Leben in deinem Land?

Ousseni Porgo: Meine grösste Sorge ist die Gesundheit generell. Speziell Malaria, aber auch andere Krankheiten. Das Gesundheitssystem bei uns ist unzureichend. Es gibt zwar inzwischen mehr Spitäler und Gesundheitszentren, aber es sind nicht genug. Nun springen private Kliniken in die Bresche, aber Behandlungen sind dort teuer. Es gibt keine Krankenkasse, wir müssen Behandlungen selbst bezahlen. Ausser bei Arbeitsunfällen, diese sind bei uns über gebana versichert und es gibt eine staatliche Krankenversicherung für Kinder bis fünf Jahre und schwangere Frauen.

Wenn wir in den Medien über Burkina Faso lesen, geht es um Sicherheit, um terroristische Anschläge und dadurch resultierende Flüchtlingsströme innerhalb des Landes. Wie betrifft dich das?

Ja, ich erlebe diese Probleme. Ich komme ursprünglich aus dem Norden des Landes, aus einem Dorf nahe der malischen Grenze. Rund 60 Kilometer von meinem Heimatdorf entfernt gab es terroristische Überfälle und die Bewohner flohen aus ihrem Dorf und kamen in unser Dorf. Sie leben da am absoluten Existenzminimum. Zwar wurden sie in einem Lager untergebracht, NGOs und der Staat versuchen zu helfen. Aber diese Situation ist schwierig, speziell natürlich für die Geflohenen. Inzwischen hat sich die Situation etwas beruhigt im Vergleich zu vor einem Jahr. Vor zwei Monaten habe ich mein Dorf besucht, die Menschen haben sich arrangiert und die Geflüchteten kehren langsam heim. Grundsätzlich ist Terrorismus schwierig zu bekämpfen, selbst reiche Länder haben ihre Probleme. Es ist wie mit Covid: Man überlegt sich bestimmte Massnahmen, aber man muss auch damit leben.

Wie ist die Situation in Bobo-Dioulasso, im Südwesten des Landes, wo gebana tätig ist?

Hier spürt man wenig von dieser Situation, die Menschen, die aufgrund des Terrorismus geflüchtet sind, kommen nicht bis hierhin. Hier geht die Gefahr eher von Bandits, also normalen Kriminellen aus. Aktuell ist Erntezeit, da machen sie zum Beispiel Strassensperren, weil sie wissen, dass Einkäufer mit Geld unterwegs sind oder Händler mit Ware. Ein neueres Phänomen sind Überfälle auf Geld-Kioske. Die Menschen hier nutzen vermehrt ihr Handy für Geldtransfers, weil sie kein Bankkonto haben. Bekommen sie eine Summe überwiesen, können sie diese an einem Kiosk abholen. Dieses Bezahlsystem hat dazu geführt, dass es weniger Überfälle auf Einzelpersonen gibt, dafür sind aber die Geld-Kioske vermehrt Ziel von Raubüberfällen. Die Polizei ist sich dessen bewusst und arbeitet an Lösungen.

Das ist ein guter Punkt. Welche Rolle spielt die Polizei bei der Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus?

Vor rund einem Monat gab es einen Überfall auf eine Gendarmerie in der Gegend. Da wurde bislang nicht kommuniziert, ob es ein terroristischer Angriff war, oder ob es Kriminelle waren. Die Dörfer hier sind weit verteilt und darum schwierig zu sichern für den Staat. Du kannst nicht so schnell die Polizei rufen bei einem Überfall. Deswegen haben die Bewohner in den Dörfern, aber auch in Stadtvierteln, inzwischen Milizen* zur Verteidigung gebildet. Dies schreckt an vielen Orten die Bandits ab und schützt die Menschen, vor allem vor Diebstählen. Das ist gut, die Menschen schätzen das. Aber da ist auch die Unsicherheit: Die Milizen sind bewaffnet. Was passiert, wenn sie mit Sicherheitsdiensten kein Geld mehr verdienen können, was machen sie mit ihren Waffen? Es ist ein Parallelsystem. Sie haben keine richtige Ausbildung, sind nicht in die staatlichen Strukturen integriert oder vom Staat überwacht. Sie könnten ihre Waffen eines Tages auch gegen den Staat wenden.

Was tut der Staat für die Sicherheitslage?

Der Staat unternimmt viel, aber er kämpft an zu vielen Fronten. Er hat nicht die nötigen Mittel. Es fehlen zum Beispiel Flugzeuge und Drohnen, um die weitläufigen, dünn besiedelte Gebiete zu kontrollieren. Er kann auch nicht in jedem Dorf präsent sein. Terrorismus ist ein neues Phänomen. Da braucht es auch neue Methoden. Zum Teil bittet der Staat die USA oder Frankreich um Hilfe. Vor allem aber ist es wichtig, mit den Nachbarländern zu kooperieren. Die Terroristen kommen aus den umliegenden Ländern, sie halten sich nicht an Grenzen. Deswegen müssen wir den Kampf gegen sie gemeinsam mit den Nachbarländern wie Côte d’Ivoire, Mali, Niger und Togo führen.

Das klingt demotivierend. Wie denkst du über die Zukunft?

Ich bin guter Dinge. Der Staat tut was er kann. Natürlich wird er nie alles unter Kontrolle kriegen können. Dennoch: In Burkina Faso ist kein krimineller oder terroristischer Flächenbrand im Gange! Wir haben Probleme, ja. Aber das Bild, das vor allem durch die Medien vermittelt wird, dass es hier sehr gefährlich sei, das ist falsch. Das ist schade, denn die Menschen kommen nicht mehr hierher und ausländische Investitionen gehen verloren. Wir leben hier, auch Menschen aus Europa leben hier. Wir müssen teilweise aufpassen, aber wir führen ein normales Leben!

Ousseni Porgo ist Leiter Agronomie und Einkauf bei gebana Burkina Faso. Der 40-jährige ist Vater von drei Kindern.

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